Be SMART – richtig die richtigen Ziele setzen
von Elke Susanne Sieber und Daniel Wensauer-Sieber, geschäftsführende Partner von sieber l wensauer-sieber l partner
Wege entstehen dadurch, dass man sie geht (Franz Kafka)
In diesen Zeiten erleben wir einen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umbruch mit noch ungewissem Ausgang. Viele von uns fühlen sich nach wie vor verunsichert, Unternehmen, insbesondere Mittelständler, schauen in eine ungewisse Zukunft.
Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf diese Veränderungen: Sorge und Angst um die Zukunft können unseren Weg bestimmen – und uns womöglich blockieren. Veränderungen können uns aber auch anspornen, neue Dinge anzugehen, Erkenntnisse aus der Krise zu gewinnen und so einen positiven Neuanfang zu wagen.
Mut, Zuversicht, Chancenoptimismus gepaart mit einem langen Atem können Ratgeber für Herz und Verstand sein, gerade in diesen herausfordernden Tagen der Krise das Leben und die eigene berufliche Zukunft selbst in die Hand zu nehmen und eigenverantwortlich zu gestalten.
Wenn wir uns also bewusst entscheiden, den nicht einfachen und fordernden Weg der Neusortierung zu gehen, so bedeutet das: Gewohnheiten reflektieren, den aktuellen Weg überprüfen, Ziele überdenken und neue Ziele setzen. Aber wie finde ich das richtige Ziel? Und wie können richtig formulierte Ziele mich auf meinem neuen Weg unterstützen?
Der Weg ist das Ziel (Konfuzius)
Insbesondere bei der Zielsetzung hilft es, sich an der smart-Philosophie zu orientieren[1].
SMART ist ein Akronym für Specific Measurable Achievable Reasonable Time Bound. Und SMARTE Ziele helfen, wenn Ziele einen nachhaltigen Effekt haben sollen. Doch fangen wir der Reihe nach an…
Specific / spezifisch oder besser gesagt: Kein Wischiwaschi
Natürlich ist es für manche von uns schön, im Wolkenkuckucksheim zu leben, zu träumen, die Welt zu verbessern oder sich eine bessere Zukunft zu wünschen. Das muss auch so sein, denn Visionen und Träume von einer besseren Zukunft helfen uns Menschen, motiviert und oben zu bleiben.
Wenn es jedoch darum geht, den Weg zur Umsetzung dieser Träume zu finden, sollten wir präziser werden und das Ziel, das uns ja hilft, Träume und Visionen Realität werden zu lassen, klar und präzise, also spezifisch zu formulieren.
Nehmen wir ein Beispiel: Der Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens und sein Leitungsteam haben festgestellt, dass einer der positiven Aspekte der Krise das Arbeiten im Home Office war: Es gab weniger spontane Urlaube oder Krankheitsfälle, die Arbeit wurde effektiv getätigt, die Mitarbeitende wünschen sich seit langem mehr Flexibilität und die Themen Digitalisierung und agiles Projektmanagement, schon lange auf der To Do Liste des Mittelständlers, finden mehr Akzeptanz. Sie nehmen sich also vor, in Zukunft das Thema Arbeiten im Home Office zu stärken. Allein das ist allerdings noch kein Ziel, sondern eher ein Wunschgedanke. Spezifisch ausgedrückt könnte es lauten: Jeder Mitarbeitende wird zukünftig einen Teil seiner Arbeitszeit im Home Office arbeiten.
Measurable / messbar oder besser gesagt: Das richtige Maß finden und messen
Um zu wissen, ob ein Ziel schon erreicht ist, ist es hilfreich einen Gradmesser zu haben. Wie in einem Backrezept ist es also sinnvoll zu wissen, wieviel Gramm an Zucker ich benötige, um am Ende z.B. einen feinen Kuchen, aber keine Zuckerbombe zu erhalten: Etwas Zucker hilft als Mengenangabe nicht weiter, sondern 200 Gramm, ein Glas voll, zwei Hände voll oder dergleichen sind schon wesentlich hilfreicher. Genauso verhält es sich mit Zielen: Wichtig ist die Nennung eines Mengenrahmens oder eines sonstigen messbaren Kriteriums. Um bei unserem Beispiel zu bleiben: Jeder Mitarbeitende wird zukünftig einen Teil seiner Arbeitszeit im Home Office arbeiten. Einen Teil seiner Arbeit ist eine eher ungünstige Formulierung und jeder Mitarbeitende wird darunter eine andere Vorstellung haben. Klarer wäre: 25 % seiner Arbeitszeit. So wird das Ziel messbar im Vorfeld und auch bei der Überprüfung der Zielerreichung.
Achievable / akzeptiert oder besser gesagt: Die richtige Mohrrübe
Das ist wahrscheinlich der auf emotionaler Ebene betrachtet wichtigste Aspekt der smarten Ziele: Das Ziel sollte für die Personen, die es betrifft oder die am Erfolg der Umsetzung relevant sind, attraktiv, ansprechend und erstrebenswert sein. Nur wenn ich mich emotional verbinde mit einem Ziel, dann will ich es auch wirklich erreichen und bin bereit, für die Zielerreichung zu kämpfen und auch in schwierigen Situationen an dem Ziel festzuhalten. Und wer schon mal versucht hat, Ziele zu erreichen, der weiß das es immer Durststrecken gibt, bis der Berg erklommen, die Ziellinie erreicht oder der Schlusspfiff ertönt ist. Um wieder zu unserem Beispiel zurückzukehren. Nicht für jeden ist womöglich das Ziel „Home Office“ erstrebenswert aus den verschiedenen Gründen: die eine kann sich dort nicht konzentrieren, der andere hat nicht die Voraussetzungen, um sich ein Home Office einzurichten – räumlich oder auch technisch, der Dritte braucht den Austausch mit den Kollegen und kann nicht allein arbeiten. So ist womöglich die richtige Mohrrübe für alle:
Jeder Mitarbeitende kann nach seinen Wünschen zukünftig bis zu 25 % seiner Arbeitszeit im Home Office arbeiten.
Reasonable / realistisch oder besser gesagt: Besser der Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach
Dieser Punkt ist eng verwoben mit dem vorher genannten Aspekt: Ziele, die unmöglich zu erreichen sind, verlieren schnell an Attraktivität. Die Motivation, sich für die Zielerreichung einzusetzen nimmt ab. Um an unserem Beispiel zu bleiben: Wenn der Anteil der Zeit im Home Office zu hoch oder niedrig gegriffen ist, sich an unrealisierbaren Werten orientieren oder aus der Luft gegriffen sind, droht das Ziel zu scheitern, weil die Motivation für die Erreichung nachlässt. So ist es z.B. sehr unrealisitsch, dass man von jetzt auf dann eine umfassende Home Office Lösung hinbekommt, auch das hat Corona gezeigt. Ob technische Voraussetzungen, Verfügbarkeit von Informationen an jedem beliebigen Ort, nicht funktionierende Videokonferenz-Tools usw. Wir alle erinnern uns am Beginn von Corona an Herausforderungen, die erst nach und nach gelöst werden konnten.
Time Bound / terminiert oder besser gesagt: Erfolge müssen gefeiert werden
Das Ziel sollte mit einem fixen Datum festgelegt werden können, sofern dies möglich ist. Das ist wichtig, um bei Atem zu bleiben und ggfs. auch ein Ziel anzupassen bzw. zu überdenken und am Ende auch den Erfolg zu feiern. Um bei unserem Beispiel zu bleiben wäre es möglich, das Ziel wie folgt zu formulieren: Jeder Mitarbeitende kann ab Januar 2021 bis zu 25 % seiner Arbeitszeit im Home Office arbeiten.
Nur wer seinen eigenen Weg geht, kann von niemandem überholt werden (Marlon Brando)
Natürlich gehört es auch dazu, zu überlegen, wie nun das Ziel erreicht werden kann, die Mitarbeitenden überzeugt, die Home-Office Büros eingerichtet, ein Home-Office Handbuch erstellt oder der Betriebsrat einbezogen werden kann. Insbesondere sind auch die unterschiedlichen Typen und Persönlichkeiten der Betroffenen und Beteiligten von wesentlicher Bedeutung. Wenn jede*r einzelne das Gefühl hat, sie oder er selbst ist Teil „der Bewegung“, ein wichtiger Baustein der Zielerreichung und hat auch etwas davon, ist er oder sie bereit, sich auch dafür einzusetzen, ihren und seinen persönlichen Beitrag zu leisten.
Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen (Erich Kästner)
Und wenn es mal nicht so klappt mit dem Weg und dem Ziel, Widerstände spürbar sind oder man schlicht feststellt, dass das Ziel in der ursprünglich formulierten Form mit den entwickelten Maßnahmen nicht erreichbar ist, dann seien sie smart und flexibel genug, selbst smart formulierte Ziele zu überdenken und die Steine im Weg zu nutzen, um sich neu zu orientieren. Denn vielleicht stellen wir im Januar 2021 fest, dass der heute so viel gehegte Wunsch nach mehr Home Office aus irgendwelchen anderen Gründen gar nicht so erstrebenswert ist. Nicht nur ist Corona ein Katalysator für Digitalisierung, sondern lehrt uns auch, flexibel und agil auf immer wieder neue Herausforderungen zu reagieren.
Viel Spaß beim Gestalten und Entwickeln Ihrer Ziele.
Bleiben Sie mutig und zuversichtlich
[1] Drucker, Peter: People and Performance: The Best of Peter Drucker on Management. New York 1977
Elke Sieber und Daniel Wensauer-Sieber beschäftigen seit vielen Jahren mit Zielen und haben die Erfahrung gemacht, dass Ziele zu setzen, aber vor allem Ziele zu erreichen eine große Herausforderung ist. Durch Corona haben die beiden Partner von sieber l wensauer-sieber l partner, sich von Zielen verabschiedet und sind gerade dabei, sich für ihr Unternehmen und ihr eng damit verknüpftes Privatleben, neue Ziele zu setzen und umzusetzen.