Miss Liberty – die Erfinderin des Crowdfundings
von Elke Sieber und Daniel Wensauer-Sieber
Auf dem Weg nach Staten Island sind wir heute an Miss Liberty vorbeikommen: aufrecht mit Ihrer Fackel in der Hand grüßt sie alle, die sich New York nähern.
Eigentlich sollte die Damen ein Geschenk Frankreichs zum 100. Geburtstag der Unabhängigkeit der USA 1876 werden. Es dauerte dann doch etwas länger, bis die mit einem Stahlskelett von Gustave Eiffel ausgerüstete und vom Künstler Frederic Auguste Bartholdi gestaltete Inkarnation der Freiheit im „Land of the free“ ankam.
So lag die Dame – noch in Teilen – 1885 im Lagerhaus und dem amerikanischen Staat fehlten rund 250.000 US$ (in heutiger Währung ca. 6,3 Mio. US$), um den Sockel zu finanzieren. Was tun?
Dem “American Committee of the Statue of Liberty”, einer Gruppe von Persönlichkeiten, gelang es lediglich ein Drittel der Summe zusammenzubekommen. Und jetzt?

Miss Liberty grüßt alle, die sich New York nähern. Foto: swsp
Es war John Pulitzer (u.a. auch der Stifter des Pulitzer-Preises), Verleger der Zeitung The New York World, dem die Idee für die erste bekannte Crowdfunding Kampagne der Welt kam: Jeder Spender sollte seinen Namen in seine Zeitung lesen – unabhängig von der Spendenhöhe.
So kamen von 160.000 weiteren Spendern (andere Quellen sprechen von 120.000) innerhalb von nur fünf Monaten in Höhe von 101.091 US$ zusammen, davon Dreiviertel mit einer Spendenhöhe von unter einem Dollar (entspricht heute ca. 20 Euro). Die Spender kamen aus allen Gesellschaftsschichten, so beteiligten sich Kinder, Geschäftsleute, Straßenreiniger und Politiker gleichermaßen an der Finanzierung des Sockels der Freiheitsstatue.
So konnte nicht nur der gesamte Sockel bezahlt werden, sondern auch noch ein Geschenk des Dankes an den Künstlern.
Nicht nur in diesem Fall hat Pulitzer seine innovative Kraft als Verleger und Herausgeber bewiesen.
P.S. Bei der Einweihung von Miss Liberty waren übrigens viele Menschen anwesend, darunter aber nur eine Frau: Miss Liberty.