Partizipative Workshop-Formate: Chance für Kommunen und Unternehmen
Von Elke Susanne Sieber und Daniel Wensauer-Sieber
Die Rufe nach mehr Bürgerbeteiligung in der Politik werden in letzter Zeit immer lauter. „Basisdemokratisch“, „Einbindung“; „Mitnehmen“, „Politik des Gehörtwerdens“ sind verschiedene Ansätze, die ein ähnliches Ziel haben: durch direkte Partizipation der Betroffenen an Entscheidungsprozessen eine verbesserte Akzeptanz für Änderungen zu erreichen. Ein zentraler Baustein für „partizipative Ansätze“ sind Workshop-Formate, die sieber l wensauer-sieber l partner (swsp) bereits bei Kommunen wie Unternehmen erprobt hat. Grundprinzip dieser Modelle sind Interdisziplinarität und Gespräche auf Augenhöhe. Beispielsweise bei der Begleitung von „Dialog | Kulturpolitik für die Zukunft“ des Landes Baden-Württemberg hat swsp gemeinsam mit dem Kunden sehr konsequent diesen Ansatz verfolgt. Mit partizipativen Workshop-Ansätzen gelingt es, den Schatz an Wissen und Ideen der Teilnehmenden viel besser zu heben und für alle zu nutzen.
Geeignete Workshop-Formate für Partizipation
Doch welche Workshop-Formate eignen sich für partizipative Ansätze? Im Folgenden möchten wir einige davon vorstellen: Wir starten mit den sogenannten „World Cafés“. In einer entspannten kaffeehausartigen Atmosphäre treffen sich kleine Gruppen an Tischen und diskutieren gemeinsam über das vorgegebene Thema an jeweils einem Tisch. Nach der ersten Gesprächsrunde wechseln die Teilnehmer an einen anderen Tisch. Dort fasst ein*e Tischgastgeber*in die Gedanken der Vorgruppe kurz zusammen und die neue Gruppe kann daran anknüpfen und weitere Bemerkungen dazu sammeln. Auf diese Weise tragen die Teilnehmer in einer relativ kurzen Zeit persönliche Ideen und Einschätzungen zu den gestellten Themen bei. Solche „World Cafés“ können Anklang finden auf kommunaler, aber auch auf betrieblicher Ebene. Dank Videoconferencing Tools wie Microsoft Teams, Zoom oder wonder.me kann das Partizipationsmodell „World Café“ mittlerweile auch online stattfinden. Am Ende des Workshops fasst der Moderator die genannten Punkte zusammen, welche dann in die folgende Entscheidungsdiskussionen mit einbezogen werden. Die Methode setzt sieber l wensauer-sieber l partner gerne auch als Auftaktmethode ein, weil sie niedrigschwellig ist, viel Interaktion ermöglicht und auch z.B. in Unternehmen oder bei Institutionen, Kolleginnen und Mitarbeiter gut ins Gespräch bringt. Dies wirkt sich häufig auch über den Workshop hinaus positiv aus: es kann sich daraus eine bessere Kommunikations- und Wertschäftzungskultur entwickeln
Hackathons – ein Format für Augenhöhe
Ein weiteres für Partizipation “auf Augenhöhe” geeignetes Format sind Hackathons. Ein solches ist in Karlsruhe schon länger als „Gulaschprogrammiernacht“ des Chaos Computer Club bekannt. IT-Nerds, Fach-Informatiker*innen, Laien und einfach nur Interessierte finden sich alljährlich in den Lichthöfen der Staatlichen Hochschule für Gestaltung zusammen. Sie basteln und hacken oder programmieren neue Softwareprodukte. Erscheint die Atmosphäre dort mit Bier, Pizzas und Sofas zwar entspannt, ist es der Arbeitsprozess aber definitiv nicht: in gerade einmal 24 bis 48 Stunden setzten die Gruppen pausen- und schlaflos neue Ideen um. Ergebnis sind Produkte mit Mehrwert, wie zum Beispiel eine computergesteuerte Pfaff-Nähmaschine, die zerschlissene Kleidungsstücke selbstständig repariert. Ziel hinter der Konferenz ist die „Verbesserung der Gesellschaft durch technische Lösungen“ so Mitorganisator Christian Lölkes von der Karlsruher Hackervereinigung Entropia.
Gleiches Ziel verfolgte der bundesweite Hackathon im März 2020. Die Bundesregierung hat unter #WirVSVirus zu einem zweitägigen Programmierwettbewerb aufgerufen. Ein breiter Pool an Programmier*innen, Designer*innen, Kreativen und sozial engagierten Bürger*innen tauschten sich aus und erarbeiteten gemeinsam digitale und kreative Projekte, um die Pandemie zu meistern. Dank der positiven Resonanz von #WirVSVirus, hat die Bundesregierung zwischen dem 19. und 20. März 2021 zum #UpdateDeutschland Hackathon aufgerufen. Dieser Hackathon konzentrierte sich auf Corona-unabhängige Themen wie häusliche Gewalt, Digitalisierung der Bildung oder einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Akteure der Zivilgesellschaft und föderale Institutionen der Wirtschaft und Wissenschaft erarbeiteten innerhalb von 48 Stunden innovative und nachhaltige Projekte.
Womöglich von #WirVSVirus abgeleitet initiierte Stefan Merath, Strategieexperte und Bestsellerautor der Unternehmercoach GmbH, im April 2020 den UNTERNEHMERTHON. Merath ermöglichte es so schon zu Beginn der Pandemie Unternehmer*innen, Programmierer*innen und IT-Expert*innen zu vernetzen und gemeinsam Umorientierung und Hilfen zu schaffen. Der rege Austausch und die digitalen Anstöße machten den Unternehmer*innen Mut.
Beispiel: „Dialog | Kulturpolitik für die Zukunft“
Um Austausch und neue Ideenanstöße ging es auch bei „Dialog | Kulturpolitik für die Zukunft“ des Landes Baden-Württembergs. Insgesamt diskutierten zwischen 2018 und 2020 1250 Teilnehmende aus Haupt- und Ehrenamt darüber, wie sich Kulturarbeit weiterentwickeln kann. Ein Schwerpunkt war hierbei die Frage wie sich kulturelle Teilhabe und bürgerschaftliches Engagement verbinden lässt. swsp hat diesen partizipativ angelegten Prozess zur Erstellung kulturpolitischer Leitlinien begleitet, Formate entwickelt und die Umsetzung unterstützt.
Elke Sieber hat mit einem kleinen Team die Forenleiter*innen und Ministeriumsmitarbeiter*innen begleitet, die die vier Themenforen „Digitale Welten“, „Strategien der Transformation“, „Neue gesellschaftliche Bündnisse“, „Kunst und Kultur in ländlichen Räumen“ erarbeiteten. Grundlegend in der Herangehensweise der Dialoge über diese vier Themen war der Verzicht von Hierarchien. Dazu wurden zugeschnittene partizipative Veranstaltungen konzipiert und durchgeführt. Während der Diskussionen kamen dann dank Einbeziehung verschiedener Beteiligter aus unterschiedlichen Fachgebieten, Organisationsformen, Kulturen, Geschlechtern und Altersgruppen neue Aspekte zum Vorschein, die vorher nicht oder kaum bedacht waren. So zum Beispiel in der Diskussion zu „Kunst und Kultur in ländlichen Räumen“, in der sich das Modell von “Regionalmanager*innen” formte, welches noch während der Entwicklung des KulturDialogs Ba-Wü umgesetzt wurde.
Die Resultate dieser gemeinschaftlichen und interdisziplinären Dialoge dienen nun als fundierte und berechtigte Grundlage für die finalen Entscheidungsträger*innen der verschiedenen kulturpolitischen Gremien. Die Früchte dieser Dialoge wird die Kulturlandschaft Baden-Württembergs also in der Zukunft pflücken können.
Ganz gleich ob „World Café“ oder Hackathon, egal ob Programmierer*innen oder Kulturpolitiker*innen: Partizipative Workshops bedeuten einen Mehrwert. Gemeinsam denken, gemeinsam reden, gemeinsam arbeiten schafft Lösungen, die der Gemeinschaft nützen. Glücklicherweise finden sich diese Ansätze mittlerweile mehr und mehr in der kommunalen Politik und in Unternehmen.